Den Tag
mit roten Feldern
sprengen.
Blau zumischen
für das Nachtasyl.
Den Morgen ersinnen
als tote Milch
im Schnee.
Lyrischer Trotz
trennt mich
in fabelhafter Distanz
zum Hämmern
der Zeit .
Die innere Stille
ähnelt
den eingezogenen Flügeln
eines Falters.
Vorbei-Zeit
Gestern –
der Rückfall ins Schweigen.
Den angeschwemmten Aufruhr
im Zeitmass einer Schnecke
weggeträumt.
Hartes Brot bezahlt mit singbarem
Pupillenlicht aus der innersten Rinde.
In ihren Furchen italienisch gewürfelt
mit meinem rudernden Namen.
Heute schliesse ich das Stundentor,
weine und lache den Erlös meiner
Jahre aus dem Leib;
verliere die Tage in den Augen
der Hastigen und verstumme
beim Anblick von Strassen.
Vergessen soll ich wie Mütter
und Väter einst grüssten.
So will es das Fatum bewegten
Stillstands im grauen Gewand.
Aber ich bin es noch immer.
Metamorphose
Wenn Kunst
dir das Wichtigste ist,
gewinnst du Leben.
Wenn Leben dir
das Wichtigste ist,
verlässt dich die Kunst.
Jede Nacht
Durchmesse ich
Meinen Raum
Ganz leise
Um mich nicht
Zu stören
Jede Nacht
Über mir
Der Zementmond
In der Tundra
Meiner
Zimmerdecke.
Behutsam
schiebt der Mond
mit seinem Licht
das Federzeug auseinander
und saugt
an unseren Gezeiten
Das Fenster steht
weit offen
und der Südwind
mein schlafloser Freund
betastet den Glanz
der nassen Sterne
auf ihren
Schenkeln
Hunger
Erzähltes Abendbrot:
Die Fabel vom leeren Teller
der sich füllt
und füllt -
mit Buchstaben geformt
aus Knochen.
Täglich.
Im
Brachland
ist
jeder
Stein
ein
König
Seit die Wolkenbilder
nicht mehr der Dichtung ähneln, faltet geometrisch
sich der Himmel zum Schlaf.
Warum erkennen wir das Mienenspiel der Planeten
nur noch in geschmiedeten Ziffern?
Mein aufklarendes Aug zieht ostwärts fragend
durch „Tausendundeine Nacht“.
Fragend.
Ich wüsste nur die Stille im Raum
Das Öffnen der Tür hab’ ich vom Vater gelernt.
Das Schliessen von der Mutter.
Die schlaflosen Worte hängten mir die Dichter
übers Ohr, wie in jenem Spiel mit den Kirschen.
Schwarz blühend gedieh, was meinem Aug den
Namen gab. Auf Geheiss der Nacht.
Als wär’ ich ungeboren.
Im
Traum
vom gerechten
Sand im Stundenglas
erklärte man mir
das Fliessen
schwarzer
Galle
Reminiszenzen
Im Fluss spiegelt sich
der Abendstern
grösser als das Aug.
Verschliesse dich nicht
dem Dickicht der Zeit.
Prüfe den Ertrag
der Jahre
auf deinem Leib.
Er hat dich erfunden
und spricht mit dir.
Hochhäuser
Verschattungen
Kürzen die Himmel
Verdunkeln die
Gräser
Den Hof
Vögel haben es
Besser sie sitzen
Auf den Dächern
Und singen
Die gläsernen
Fassaden kahl
Wir
Ungemütlichen
Erfanden Himmel Hölle
Geometrie
Auch Rosen
Unersättlich
Bis an die Zähne
Bewaffnet mit Ungeduld
Bittsteller für
Ewigen Frieden
Über die Farbe
Eingelegt ins
Gedächtnis der Zeit
amtet die Farbe
wie eine reiche
Redeblume.
Sie entziffert
die Spiegelungen
des Seins.
Spiele behutsam also
mit Pigmenten
wie ein Sonntagskind.
Maskiere nicht den
Lärm der Tage damit.
Blutet die Farbe
Blutet der Ort.
FERNSEHEN
Ein
STELLDICHEIN
aber
STELLDIRVOR
Das
STELLDICHAB
Als
BLINDER FLECK
im Raum
Am Rand
Gezeichnet sind
die verschütteten
Seelen
als Verlierer.
Ein Nischendasein
wie Stromausfall.
Ausgetragene Kleider
beziehen sie
aus dem elastischen
Unrecht
ihrer Erdentage;
mit Dauerrezept
gültig
bis ins Grab.
Paul Celan
Lyriker 1920-1970
„Der Tauben
weisseste flog auf“
kein Ölzweig
im Schnabel nur
der Verzweiflung
letzter Gruss
dem stillen Ende
all der Worte zu
Verletzungen
dauern
bis ins letzte Glied -
heilen langsam ab
von den Rändern her.
Ihre Halbwertzeiten
misst man
an der Gerinnung
von Illusionen oder
am Gewicht der Steine
auf der Brust.
Heimweg
Herbstnacht.
Unter den
Strassenlaternen
die Nebelräume,
schwer atmend;
in milchig-fahles
Licht getunkt.
Ein behelfsweises
Zuhause.
Wie still es hier ist.
Fama
Rabenschwarz war der Tag
doch
weit und breit kein Rabe
aber
so ganz ergriff es mich
dass
ich schwarz vom Erlittenen
selbst
zum Raben wurde
Henri Michaux
Dichter und Maler 1899-1984
„Es ist auch schön wenn dem Menschen etwas nicht
gelingt. Der Mensch stirbt am Ende.
Daher ist es sogar wahrer, dass er keinen Erfolg hat.
Darum sind gewisse Erfolge so skandalös.“
Den Rand hat er gehalten, zart gewürfeltes verkreuzt mit verzweifeltem Suchen in den gepanzerten Stätten und auf der Datenbank des Todes; geduldig erdauert, ausgesessen das Schwächeprojekt Leben, furchtlos bis in die mikroskopische Verflüssigung leiser Gebärden und Zeichen.
Getrotzt hat er der schweren Luft; der Vergeblichkeit eine Hand voll Meskalin geschenkt. Klüger als Brockhaus, wie das fliegende Hirn eines Süchtigen, der im Eilflug durchs offene Fenster segelt, im klein gewachsenen Zimmer auf alle Papiere hockt, schwarze Tusche über das flimmernde Handgemenge des Scheiterns und Gelingens schleift wie wild gewordenes Psilocybin. Bestanden hat er den Peyotltest, Modellpsychosen erduldet; doch seine Droge war die Glut des Ichs. Das Ich war die Askesetechnik. Seine Droge war das Reizklima des Selbst; das tätige Ich; das wunde Selbst, das Selbst, das schwerelose Ich, das Ich, das Ich.
Marmorstatue
Denkmal des Gewissens
Noch immer bist du unser
Steinerner Gefährte
Dir selber undeutbar
Des Luges nicht mächtig
So wenig wie der Wahrheit
Erklärst du unbeirrt uns
Wanderern den Weg
Dem Schlaflied nahe
Aschgrau und fahlgelb
Wie ein patinierter
Zukunftsknochen
Gehärtet und blind
Vor gealtertem Eifer
Ein kristalliner Brocken
Welt in unseren Köpfen
Schneebericht
(16. Februar 2015)
Asketisches Weiss
Über den Hügelzügen
Im Gelände schwarz
Gefleckte Bandagen
Strassen erkennen
Ihren Weg nicht mehr
In den Wipfeln bleiben
Die müden Augen hängen
Baumskelette ahmen
Lange Arme nach
Im Himmel steht hart
Ein geometrischer Laut
Der Vogel verspottet
Sein kaltes Selbst
Mein Schneeblick
Bergwärts vernebelt
Vorwärts erinnert
In die starre Nacht
Die toten Freunde
Sinken immer tiefer
Bergwanderung
Der Berg rührt heute
seine klagende Trommel;
animalische Vokabeln
in der Sprache
tonnenschweren
fallenden Gebrülls,
aus dem Fels gebissen
von der Zeit.
Sie stillt damit den Hunger
der Stunde.
Sie trägt den eigenen
Staub in ihr Ewiges
wie du und ich.
Lehrsatz
Das Auffüllen
Der Räume
Endet in der
Paralyse
26 - 26
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REMO ROTH I remoroth@hotmail.com